Schuld sind immer die anderen
- info2874313
- 4. Jan.
- 4 Min. Lesezeit

Geht Ihnen das auch so? Wenn ich in die Medien schaue, habe ich von Jahr zu Jahr mehr das Gefühl, dass es nur noch darum geht, anderen die Schuld am eigenen Versagen zu geben. Verantwortung zu übernehmen, Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen, scheint im höchsten Maße unpopulär geworden zu sein. Man rechtfertigt sich, erklärt sich und zeigt mit dem Finger auf andere, die vermeintlich die „wahren“ Schuldigen sind. Hauptsache, die eigene Weste bleibt weiß.
Was dabei auf der Strecke bleibt, ist Authentizität und damit Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Jemandem, der nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und auch zu seinen Fehlern zu stehen, begegnet man mit Misstrauen oder gehe ihm künftig aus dem Weg. Das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit geht verloren. Und die Hoffnung auf ein „beim nächsten Mal wird es besser“, weil die Person aus ihren Fehlern lernt, schwindet.
Und natürlich ist das nicht nur im Großen in der Gesellschaft oder in der Politik so, sondern es gilt ebenso im Kleinen in der Familie und in Freundschaften. Mit jemandem, der immer nur über die anderen schimpft, aber keine Verantwortung für die Schwierigkeiten in seinem eigenen Leben übernimmt, möchte niemand etwas zu tun haben.
Als ich dann zum Beginn des neuen Jahres auch mit meiner Jahresbibel wieder am Anfang startete, wurde mir bewusst, dass das Thema „Schuldzuweisungen“ schon sehr alt ist. Im 1. Buch Mose in Kapitel 3 – also ganz am Anfang der Bibel – finden wir schon die ersten Schuldzuweisungen:
„Die Schlange war listiger als alle anderen Tiere, die Gott, der HERR, gemacht hatte.
»Hat Gott wirklich gesagt, dass ihr von keinem Baum die Früchte essen dürft?«, fragte sie die Frau.
»Natürlich dürfen wir«, antwortete die Frau, »nur von dem Baum in der Mitte des Gartens nicht. Gott hat gesagt: ›Esst nicht von seinen Früchten, ja – berührt sie nicht einmal, sonst müsst ihr sterben!‹«
»Unsinn! Ihr werdet nicht sterben«, widersprach die Schlange, »aber Gott weiß: Wenn ihr davon esst, werden eure Augen geöffnet – ihr werdet sein wie Gott und wissen, was Gut und Böse ist.«
Die Frau schaute den Baum an. Er sah schön aus! Es wäre bestimmt gut, von ihm zu essen, dachte sie. Seine Früchte wirkten verlockend, und klug würde sie davon werden! Sie pflückte eine Frucht und biss hinein. Dann reichte sie die Frucht ihrem Mann, der bei ihr stand, und auch er aß davon.
Plötzlich gingen beiden die Augen auf, und ihnen wurde bewusst, dass sie nackt waren. Hastig flochten sie Feigenblätter zusammen und machten sich daraus einen Lendenschurz.
Am Abend, als ein frischer Wind aufkam, hörten sie, wie Gott, der HERR, im Garten umherging. Ängstlich versteckten sie sich vor ihm hinter den Bäumen.
Aber Gott, der HERR, rief: »Adam, wo bist du?«
Adam antwortete: »Ich hörte dich im Garten und hatte Angst, weil ich nackt bin. Darum habe ich mich versteckt.«
»Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?«, fragte Gott. »Hast du etwa von den Früchten gegessen, die ich euch verboten habe?«
Adam versuchte, sich zu rechtfertigen: »Die Frau, die du mir gegeben hast, ist schuld daran! Sie reichte mir eine Frucht von dem Baum – deswegen habe ich davon gegessen.«
»Was hast du bloß getan?«, wandte der HERR sich an die Frau. »Die Schlange hat mich dazu verführt! Nur wegen ihr habe ich die Frucht genommen«, verteidigte sie sich.“
„Die Frau, die du mir gegeben hast, ist schuld daran!“
Das ist sogar eine zweifache Schuldzuweisung:
1. Die Frau ist schuld.
2. Du (Gott) bist schuld, weil du sie mir gegeben hast.
Aber Gott hatte Adam schon in 1.Mose2, als Eva noch gar nicht geschaffen war, gesagt:
„Von allen Bäumen im Garten darfst du essen, nur nicht von dem Baum, der dich Gut und Böse erkennen lässt. Sobald du davon isst, musst du sterben!“
Die Folge war, dass beide den Garten Eden und die innige Gemeinschaft mit Gott verlassen mussten und seither die Menschheit mit den Folgen zu kämpfen hat:
„Dann wandte Gott sich zur Frau: »Ich werde dir in der Schwangerschaft viel Mühe auferlegen. Unter Schmerzen wirst du deine Kinder zur Welt bringen. Du wirst dich nach deinem Mann sehnen, aber er wird dein Herr sein!«
Zu Adam sagte er: »Statt auf mich hast du auf deine Frau gehört und von den Früchten gegessen, die ich euch ausdrücklich verboten hatte. Deinetwegen soll der Ackerboden verflucht sein! Dein ganzes Leben lang wirst du dich abmühen, um dich von seinem Ertrag zu ernähren. Du bist auf ihn angewiesen, um etwas zu essen zu haben, aber er wird immer wieder mit Dornen und Disteln übersät sein. Du wirst dir dein Brot mit Schweiß verdienen müssen, bis du stirbst. Dann wirst du zum Erdboden zurückkehren, von dem ich dich genommen habe. Denn du bist Staub von der Erde, und zu Staub musst du wieder werden!«“
Wie anders wäre die Geschichte möglicherweise schon damals ausgegangen, wenn beide zu Gott gesagt hätten: „Ja, du hast recht. Wir haben uns nicht an dein Gebot gehalten. Wir sind schuldig geworden. Bitte vergib uns und gib uns noch eine Chance.“?
Wenn Sie das nächste Mal versucht sind, Ihre eigenen Verantwortung an einem Konflikt oder einer schwierigen Situation zu vertuschen und jemand anderem die Schuld dafür zu geben, halten Sie inne und überlegen Sie, welche Konsequenzen Ihr Verhalten langfristig für diese Beziehung hat. Schuldzuweisungen zerstören Beziehungen. Sie zerstören Vertrauen. Sie sorgen dafür, dass andere auf Distanz zu Ihnen gehen – vielleicht nicht immer sichtbar im Außen, aber auf jeden Fall innerlich.
Eine ehrliche Entschuldigung jedoch, nachdem ich mein Verhalten reflektiert und meine Schuld anerkannt habe, öffnet Türen wieder und macht ein weiteres gutes Miteinander in Vertrauen und Respekt möglich. Die Entscheidung liegt bei Ihnen!
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